Bei der klinischen Schluckuntersuchung werden alle für das Schlucken relevanten Funktionen geprüft. Sie umfasst unterschiedliche Bereiche.
Klinische Schluckuntersuchungen sind immer nur ein Screening und in der Regel nicht objektiv!
wichtige Inhalte
Eine klinische Schluckuntersuchung umfasst ein paar wichtige Elemente. Dazu gehören in jedem Fall die Vigilanz, die Sensibilität und die Muskulatur der am Schlucken beteiligten Strukturen.
Vigilanz und Compliance
Aufmerksamkeit, Vigilanz und die nötige Compliance sind wichtige Faktoren für die Beurteilung des Schluckaktes.
Patienten, die sehr müde sind, sich nur sehr kurz auf eine Sache konzentrieren können oder auf Grund kognitiver Einschränkungen nicht in der Lage sind, adäquat auf ihr Störungsbild zu reagieren, haben ein erhöhtes Aspirationsrisiko.
Sensibilität
Die Sensibilität – also die Wahrnehmung – ist für den regelrechten Schluckakt wichtig. Über die sensiblen Fasern der am Schlucken beteiligten Hirnnerven werden Informationen an das Gehirn und somit die Schluckzentren im Hirnstamm übermittelt, die für einen physiologischen Ablauf notwendig sind.
Ist die Sensibilität für taktile und thermische Reize reduziert, können wichtige Informationen nicht an das Schluckzentrum gemeldet werden. Ist dies der Fall, besteht die Gefahr, dass wichtige Reaktionsketten nicht in Gang kommen oder Schutzmechanismen des Körpers nicht auslösen.
Eine Überprüfung der Sensibilität schließt daher die Überprüfung der Reflextriggerung mit ein. Wichtig, aber nicht essentiell für den Schluckakt, ist der Würgereflex. Entscheidender ist das Auslösen des Schluckens, also des Übergangs in den unwillkürlichen Schluckablauf.
Außerdem deutet zum Beispiel eine reduzierte Sensibilität in den Wangentaschen an, dass hier möglicherweise Residuen (Speisereste) verbleiben.
Motorische Funktion
Neben der Sensibilität wird im Rahmen der klinischen Schluckuntersuchung überprüft ob einzelne Bewegungen und Bewegungsmuster möglich sind. Zeigt sich im Rahmen der Untersuchung, dass die Zunge in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkt ist, deuten sich hier bereits Probleme für die orale Vorbereitung des Schluckaktes an.
Auch die Larynxelevation mit ihrer anterior-Bewegung, wird bei der klinischen Schluckuntersuchung überprüft. Oft wird allerdings behauptet, sie ließe sich durch Palpation von Außen leicht kontrollieren – was sich in vergleichenden Untersuchungen nicht bestätigt werden konnte.
Die Überprüfung willentlicher Schutzmechanismen wie Husten und Räuspern ist ebenfalls wichtig: ist bereits das willkürliche Husten kraftlos, besteht die Gefahr, dass im Falle einer Aspiration der Hustenstoß nicht ausreicht, um die aspirierten Bolusteile wieder aus den Atemwegen zu entfernen.
Schluckversuch
Im Rahmen einer klinischen Schluckuntersuchung wird immer auf einen Wasserschluck-Test zurückgegriffen. Der bekanntest Wasserschluck-Test ist der nach Daniels.
Stimmklang, wet voice
Mit Hilfe einer Stimmprobe lässt sich auf den Stimmlippen – also auf Glottisebene – vorhandener Speichel identifizieren. Auch Speisereste auf Stimmlippenniveau erzeugen bei der Phonation einen leicht brodelnden Klang. Bei schluck-gesunden Patienten würden sowohl Bolusteile als auch bereits Speichel in der Nähe der Stimmlippen zu Husten und Räuspern führen.
Bekannte klinischen Schluckuntersuchungen
GUSS – Gugging Swallowing Screen
Der GUSS (Trapl M. 2007) wurde in Österreich von Michala Trapl entwickelt und eignet sich besonders auch für den Einsatz durch Pflegende.
Der GUSS beinhaltet einen Teil mit Überprüfung der wichtigsten Basisleistungen und einen direkten Schluckversuch.
Die Ergebnisse werden in einer Tabelle festgehalten und mit Punktwerten versehen. Anhand der Summe der einzelnen Punktwerte können sowohl der Schweregrad der Dysphagie als auch Empfehlungen für die akute Ernährung und das weitere Prozedere abgeleitet werden:
Ergebnis | Schweregrad | Empfehlung | |
---|---|---|---|
20 | Breiige, flüssige und feste Konsistenzen erfolgreich | Minimale / Keine Dysphagie minimales Aspirationsrisiko |
|
15-19 | Breiig und flüssig erfolgreich / Festes nicht möglich | Leichtgradige Dysphagie geringes Aspirationsrisiko |
|
10-14 | Breiig erfolgreich / Flüssig nicht möglich | Mittelgradige Dysphagie mit Aspirationsrisiko |
|
0-9 | Voruntersuchung nicht möglich oder Breischluck auffällig | Schwere Dysphagie mit hohem Aspirationsrisiko |
|
Wasserschluck nach Daniels
In dieser Variante des Wasser-Schluck-Tests wird dem Patienten Wasser zu trinken gegeben. Zuerst 2x 5ml, dann 2x 10ml, dann 2x 20ml. Im Anschluss wird mit einer kurzen Stimmprobe der Stimmklang überprüft. Folgende Kriterien sind für die Auswertung wichtig:
- Lässt sich eine Dysphonie beoachten?
- Liegt eine Dysarthrie vor?
- Lässt sich ein abnormer Würgereflex beobachten?
- Kommt es zu abnormem willentlichen Husten?
- Hustet der Patient nach dem Schlucken?
- Ist der Stimmklang nach dem Schlucken verändert?
Bei zwei positiv beantworteten Fragen gilt der Wassertest nach Daniels als positiv – was in diesem Fall die Verdachtsdiagnose Dysphagie bedeutet.
Die Sensivität wird mit 92,7% und die Spezifität mit 66,7% angegeben.
Der Wassertests nach Daniels ist ein gutes Instrument der klinischen Schluckuntersuchung um eine mögliche Schluckstörung zu bestätigen. Für eine Therapieplanung reicht das Ergebnis nicht aus. Dafür sind Verfahren notwendig, die eine genauere Betrachtung der Vorgänge während des Schluckens ermöglichen. Die VFS oder FEES (fiberendoskopische Schluckuntersuchung) sind deutlich aussagekräftiger für die Planung der Dysphagie-Therapie.
Für die Therapieplanung sind – neben dem Wissen, ob eine Dysphagie vorliegt oder nicht – Informationen über die Sensibilität im Pharynx, über postdeglutitive Residuen und die Effektivität von kompensatorischen Schluckmustern nötig.
Ergebnissicherung
Checklisten und Befundbögen helfen, die Ergebnisse der klinischen Schluckuntersuchung festzuhalten, zu dokumentieren und einen Verlauf darzustellen.
Dysphagie-Screening
Ein kurzer Screening-Bogen zur Beurteilung des Schluckaktes für akute neurologische Patienten.
Quelle: madoo.net
Bogenhausener Dysphagiescore
Der Bogenhausener Dysphagiescore (BODS) von Bartolome & Schröter-Morasch aus dem Jahr 2005 ist in Anlehnung an die Komponenten Aktivitäten und Partizipation der International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF, WHO, 2001) entstanden. Er wurde zusammengestellt, um den Schweregrad der Beeinträchtigungen in Bezug auf orale Nahrungsaufnahme und Speichelschlucken abzubilden.
Und – er tut genau das. Aber auch nicht mehr!
BODS I und II
Der BODS setzt sich aus zwei einzelnen Scores zusammen. Der erste bewertet das Speichelschlucken und berücksichtigt eine mögliche Versorgung mit Trachealkanüle. Der zweite Teil-Score bewertet hingegen die Nahrungsaufnahme und hat als Kriterium die Menge, die sicher geschluckt werden dann.
Die Summe, der eigentliche BODS, eignet sich daher zum Beispiel in Kliniken, um Veränderungen zu dokumentieren. Er eignet sich, um im Rahmen der Dysphagie-Diagnostik einen verständlichen Wert zu ermitteln und die Auswirkungen der Dysphagie auf den Alltag festzuhalten.
Die Einteilung der Probleme eines Patienten nach ICF holt auch mehr die anderen Berufsgruppen ins Boot und beschreibt die Qualität der Nahrungsaufnahme im patientenbezogenen Kontext. Bei seiner Anwendung finden sich eher Aussagen wie: „Der Patient kann mit Hilfe von Griffverdickungen und unter Begleitung der Angehörigen in kleiner Runde eine in ihrer Konsistenz angepasste Mahlzeit zu sich nehmen, ohne sich zu verschlucken.“
Andere Scores
Um in einem Team eine Aussage über mögliche Kostformen zu haben, eignen sich andere Scores besser. So macht der Münsteraner Dysphagie-Score für Patienten nach einem Schlaganfall eine wertende Aussage. Bei einem Score von 2 zum Beispiel, sind normale Kost aber ggf. angedickte Getränke die Konsequenz. Bei einem Score von 1 sollte man über eine Schutzintubation nachdenken.
Solche Scores bringen für die Therapie und den Umgang mit den Patienten eine deutlichere Aussage.